4. November: Tag der Einheit des Volkes in Russland
Russisch: День народного единства
Am 4. November feiert Russland die Befreiung Moskaus von der polnischen Besatzung im Jahr 1612. Damit endete die Zeit der Wirren in Russland. Historisch ist dieses Ereignis deswegen einzigartig, weil das russische Volk zum ersten Mal nicht für einen Zaren in den Krieg ging, sondern mit vereinigten Kräften für seine Freiheit kämpfte.
Der 4. November ist einer der 16 Tage des Militärruhms der Russischen Föderation.
Die Russische Föderation ist ein multikulturelles Land, in dem Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion leben. Am 4. November werden im ganzen Land Konzerte, Exkursionen, Ausstellungen und viele andere Veranstaltungen organisiert. Die meisten Aktivitäten drehen sich um die Kultur und Traditionen verschiedener Völker Russlands. Das Ziel ist es, den Nationalstolz zu stärken und ein friedliches Miteinander zu fördern. Die wichtigste Botschaft lautet: Wir wohnen alle auf einer Erde und sollten für eine gute Nachbarschaft sorgen.
Der Tag der Einheit des Volkes am 4. November wird in Russland seit 2005 gefeiert. Dieser Nationalfeiertag ersetzte den für die Kommunisten wichtigsten Nationalfeiertag – den Tag der Oktoberrevolution (später „Tag der Versöhnung und Eintracht“) am 7. November.
Die Staatsduma beschloss, den Feiertag auf ein neues Datum zu verlegen, vor allem um die negative Assoziation mit der Oktoberrevolution 1917 zu vermeiden.
Ausflug in die russische Geschichte
Als die Zeit der Wirren (1598 -1613) wird der Zeitraum zwischen den zwei russischen Zarendynastien – den Rjuriken und den Romanows – bezeichnet.
Zar Iwan IV. der Schreckliche (1530-1584) war der letzte echte Herrscher der Rjurik-Dynastie. Sein geistig behinderter Sohn Fjodor I. saß zwar noch bis 1598 auf dem russischen Thron, doch die Regierungsgeschäfte überließ er seinem Schwager Boris Godunow. Nach dem Tod Fjodor I. ließ sich Godunow zum Zaren krönen. Allerdings waren nicht alle russischen Adeligen (Bojaren) mit dem neuen Herrscher einverstanden. Man warf ihm auch vor, den jüngsten Sohn Iwan des IV. – Dmitrij – ermordet zu haben. (Dmitrij wurde unter mysteriösen Umständen erstochen). Als Boris Godunow 1605 plötzlich starb, wurde sein Sohn nicht als Thronfolger anerkannt. Machtkämpfe am Zarenhof führten Russland in eine schwere wirtschaftliche und politische Krise. Polen nutzte die Situation aus und half dem sogenannten Pseudo-Dmitrij I. – dem angeblich überlebenden Sohn des Zaren Iwan des Schrecklichen – den russischen Thron 1605 zu erobern. Pseudo-Dmitrij I. wurde 1606 ermordet wie später auch seine Nachahmer Pseudo-Dmitrijs II. und III. Die Krise in Russland verschärfte sich immer mehr.
1610 besetzte der polnische König Sigismund III. Moskau, die russische Hauptstadt.
1612 organisierte der Kaufmann Kusma Minin und der Fürst Dmitirij Poscharskij ein Volksaufstand und verjagten die polnischen Eroberer. Seitdem gelten Minin und Poscharskij als russische Volkshelden. Wie hoch sie angesehen werden, zeigt das Minin- und Poscharskij-Denkmal, das seit 1818 auf dem Roten Platz in Moskau direkt vor der Basilius-Kathedrale steht.
Der Sieg über Polen am 4. November 1612 markiert also eine wichtige Wende in der russischen Geschichte. Im Januar 1613 kamen Vertreter verschiedener Stände und Regionen von Russland nach Moskau, um den neuen Zaren zu bestimmen. Diese Versammlung wird Semski Sobor genannt. Semski Sobor wählte Michail Romanow zum neuen russischen Zaren.
Am 4. November 2013 wurde anlässlich des Feiertags am Ufer des Flusses Tschusowaja (russisch: Чусовая) im Ural ein Denkmal für die Einheit des Volkes eröffnet. Laut Überlieferungen organisierten sich hier die Menschen im 17. Jahrhundert zu Truppen und zogen in den Kampf gegen die Besatzer. Der fast 600 km lange Fluss Tschusowaja ist für sich schon ein Symbol der Vereinigung von Kontinenten. Er nimmt seinen Anfang in Asien, durchquert den Ural, fliesst durch den Europäischen Teil Russlands und mündet in den Fluss Kama.
Wie der 4. November in Russland zum Feiertag wurde
Der Tag der Oktoberrevolution am 7. November war der wichtigste Nationalfeiertag in der UdSSR. Die erste Parade zur Feier des Sieges der Kommunisten fand 1918 statt. Von 1927 bis 1992 war auch der 8. November arbeitsfrei. Über die Jahre gewöhnten sich die Menschen an die Feiertage und freuten sich über die kleine Arbeitspause im Herbst. Nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 verlor der Tag der Oktoberrevolution seine Bedeutung. Doch die Regierung wollte den beliebten Feiertag den Leuten nicht einfach weg nehmen. Und so wurde er 1996 in den Tag der Eintracht und Versöhnung (russisch: День согласия и примирения) umbenannt. Erst im Dezember 2004 entschloss die Staatsduma, den 7. November als Feiertag abzuschaffen und ihn durch den Tag der Einheit des Volkes am 4. November zu ersetzen.
4. November im heutigen Russland
Umfragen zufolge wird der Tag der Einheit des Volkes in Russland zwar noch nicht so richtig, doch immer mehr akzeptiert. Nach der Einführung diesen Feiertages im Jahr 2005 waren die Menschen verwirrt. Kaum jemand wusste, welchem Ereignis er gewidmet war. Viele konnten sich nicht mal den Namen des neuen Nationalfeiertages merken.
Inzwischen wissen immerhin mehr als 60% der Befragten, dass am 4. November der Tag der Einheit des Volkes gefeiert wird. Über 70% finden, dass Russland so einen Feiertag braucht. Allerdings verbinden nur 24-28% den Feiertag mit der Befreiung Moskaus von den polnischen Eindringlingen.
Gefeiert wird aber kaum. Für die meisten Menschen in Russland ist der 4. November „ein ganz normaler Feiertag„, an dem man Freunde treffen oder sich einfach nur erholen kann.
Quellen: Umfragen des analytischen Zentrums Lewada (2023), des Russischen Zentrums für Meinungsforschung WZIOM (2023) und des Unternehmens für Marktforschung und soziologische Umfragen „Feedback“ (2023).
Die beliebtesten Feiertage in Russland sind:
Neujahr / Silvester am 31. Dezember
Der Siegestag am 9. Mai
Russische Ostern
Weltfrauentag am 8. März
Russische Weihnachten am 7. Januar
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